Rachel:
Der Wind ist zu stark für mich, ich merke jedoch wie er langsam abebbt. Entschlossen flattere ich weiter und kann schon bald das Dach als kleine graue Fläche erblicken, ich flattere schneller, schlage mit den Flügeln, lasse mich nicht von den Winden beirren und habe nur ein Ziel vor Augen. Ich muss da runter, ich muss zu meinen Freunden.

Lucas:
Ich nicke benommen. "Ja, wir sollten Oli in Sicherheit bringen", bringe ich hervor, stehe auf und reibe die Hände an einander, ich murmele eine Formel, doch nichts geschieht. Die Worte verschwimmen in meinem Verstand. "Ähmm...", ich begehe den Fehler und schaue zu Oli runter, der immer blasser zu werden scheint. Schnell wende ich den Blick ab und murmele erneut die Formel, dieses Mal schwebt der scheinbar leblose Körper in die Höhe und bleibt vor mir schweben.

Rachel:
Nur noch ein paar Meter, ich verliere die Konzentration und falle aus der Verwandlung heraus. Mein Körper ist zu schwer um so in dem Wind zu gleiten wie gerade noch und ich gehe krachend zu Boden. Hastig rappele ich mich auf und gebe keinen Deut auf die Schmerzen in meinem Körper, ich schaue mich um kann die anderen jedoch nicht mehr sehen. Schreckliche Dinge huschen durch meie Gedanken und ich stürze zur Tür, Tränen rinnen mir übers Gesicht und vermischen sich mit dem Blut. Mit laut klopfendem Herzen renne ich die Treppen runter und bleibe unten wie angewurzelt stehen. Dort stehen Ally und Lucas und schauen mit ernsten Gesichtern auf Oli herunter, der zwischen ihnen in der Luft schwebt. Nein. "Nein...", flüstere ich und stolpere vorwärts. Ich sehe nichts mehr und alles verschwimmt, als ich zu Oli stürze und nach seinen kalten Fingern greife. Die Wunde in seiner Brust scheint riesig, obwohl sie in Wahrheit winzig ist. "Oli", hauche ich und meine Stimme zittert. "Bitte wach auf, mach die Augen auf, bitte", flehe ich und streiche ihm sanft ein paar Strähnen aus dem Gesicht. ich schaue hoch. "Lass ihn runter! Lass ihn runter", flehe ich Lucas an und er gehorcht. Olis Brust hebt und snekt sich nur ruckartig und kaum wahrnehmbar. Ich schluchze und lege meinen Kopf auf seine Brust. "Nicht sterben, bitte stirb nicht!", bitte ich, ich fluche, ich ertappe mich sogar dabei wie ich Oli beleidige und bedrohe, am Ende gehen mir die Worte aus und ich kann nur an all die Momente denken, die ihm verwehrt bleiben wenn er jetzt aufgibt und diese Gewissheit bricht mir das Herz.

Rachel:
Ich schüttele stumm den Kopf und beschütze Oli mit meinem Körper. Seine Lippen bewegen sich und er flüstert röchelnd meinen Namen. Etwas regt sich in meinem Herzen. Ich schluchze laut auf und greife nach seiner Hand, ich drücke sie an mein Gesicht. "Ich bin hier, Oli", flüstere ich in sein Ohr. "Alles wird gut, es wird alles gut!", ich wische mir hastig übers Gesicht, weil ich Oli nicht mehr sehen kann, doch neue Tränen verwehren mir wieder die Sicht. "Ich habe mich verwandelt. Weißt du, vorhin im Kurs konnte ich mich in einen Wolf verwandeln. Ich wollte unbedingt ein Wolf sein und dann war ich einer. Weißt du warum es unbedingt ein Wolf sein musste? Ich habe mir vorgestellt wie du dich bei Vollmond verwandelst und dann wollte ich bei dir sein", ich sage die Worte ganz leise und weigere mich seine Hand loszulassen. "Du hast dein ganzes Leben noch vor dir, noch so vieles wartet auf dich" ich lächel unter Tränen bei dem Gedanken.

Lucas:
ich beobachte stumme die Szene und spüre wie auch mir die Tränen kommen. Ich fasse Ally an den Schultern und schiebe sie aus dem Flur in den Gang. "Wir müssen einen Arzt zu ihm bringen, Rachel hat recht, wir können ihn nicht transportieren", sage ich in einer Stimme, die nun mehr nach mir klingt. Ich fasse sie an der Hand. "Komm, es wird alles gut", sanft aber doch drängend ziehe ich sie in Richtung der Krankenstation.

Rachel:
Die Ärzte kommen schnell, sie drücken sich an mir vorbei und eine Schwester löst behutsam meinen Griff. Sie setzt mich auf eine Stufe und spricht beruhigend auf mich ein. Oli schreit und ich stolpere benommen wieder zu ihm. Die Ärzte umringen ihn, lassen mich nicht zu ihm. Ich wische mir die lästigen Tränen hastig aus dem Gesicht. "Halt durch, bitte bitte halt durch", sage ich wie ein Mantra immer wieder auf. Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Vater wollte mich umbringen. Oli ist fast gestorben. ich hätte sterben sollen. Er wollte meinen Tod. Oli ist fast gestorben. Oli liegt im Sterben. Oli darf nicht sterben! Er wollte doch mich, mich, mich! Nicht ihn, es ist falsch, lieber Gott lass ihn bitte nicht sterben.

Lucas:
Ich hole die Ärzte und beschreibe ihnen den Weg zu Oli, sie stürzen mit all ihrer Notfallausrüstung los und mir bleibt nichts übrig als ihnen nachzusehen. Erschöpft gehe ich zu Ally und knie mich vor sie hin. Ich fasse sie am Kinn udn zwinge sie mich anzusehen. "Schau mich an", sage ich eindringlich. "Es wird alles gut werden, Oli wird es schaffen, die Ärzte hier wirken Wunder und Oli ist ein harter Brocken", ich ringe mir ein kleines Lächeln ab. "Komm, wir machen dich sauber", sage ich und stehe unter Schmerzen auf und helfe dann Ally auf die Beine.

Rachel:
Die Ärzte hieven ihn hoch und tragen ihn vorsichtig aber schnell zur krankenstation. ich stolpere hinter ihnen her, wie ein Geist folge ich den Männern in den weißen Kitteln, die durch eine Schwingtür verschwinden. Jemand hält mich fest, hindert mich daran Oli zu folgen. Ich will schreien, weinen, etwas sagen oder einfach nur etwas tun,d och stattdessen gleite ich an der Wand zu Boden und bleibe liegen. Eine starke Hand versucht ich wieder auf die Beine zu ziehen, doch ich schüttele sie ab, schlage sie weg, wie eine Fliege. Ich bleibe sitzen und warte. der harte, kalte Boden unter mir scheint mich auszulachen und mit jeder weiteren Sekunde die verstreicht tropft noch etwas mehr von meinem Blut oder meinen Tränen darauf. Und ich denke nicht, es fällt mir erst gar nicht auf, ich habe aufgehört zu bitten und zu betteln, zu bereuen und zu flehen. In meinem Kopf herrscht Leere, ich muss hier sitzen, ich muss sitzen und warten bis Oli raus kommt und sagt, dass es ihm gut geht. Ich vergrabe meine Hände in den Haaren und kratze mir über die Kopfhaut, um endlich etwas anderes zu spüren als diese Leere, doch mein Inneres ist hohl, es ist nichts mehr da.

Lucas:
"Bei mir ist alles gut", sage ich und untersuche eingehend Allys Gesicht. "Und du hast wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung, es tut mir leid, dass ich dich so unsanft zu Boden gerissen habe". Ich beuge mich vor und hebe Ally auf die Arme. "Halt dich fest und um Gottes willen, zappele nicht so viel herum", necke ich sie und trage Ally in mein Zimmer, das viel näher dran liegt als das der Mädchen. "Rachel bekommen wir da jetzt ohnehin nicht weg, jeder ist gerade da wo er hin gehört".

Rachel:
Irgendwann fange ich an mich hin und her zu wiegen, nach einer Weile wird mir schwindelig, wharscheinlich habe ich auch shcon etwas Blut verloren. ich taste an meiner pochenden Stirn herum und Olis Blut vermischt sich mit meinem. Ich hatte mich gerade beruhigt aber der Anblick seines getrockneten Blutes treibt mir wieder Tränen in die augen. Ein Arzt kommt aus der Schwingtür und hilft mir hoch. Benommen schaue ich ihn an. "Wie gehts ihm?", farge ich den Arzt zuerst flehentlich, doch als dann keine Antwort kommt, schreie ich. "Wie gehts ihm?", wiederhole ich meine Frage dringender und plötzlich kippt die Welt, ich spüre nur noch einen leichten Pieks und Arme die mich auffangen, dann drifte ich endgültig ab und spüre weder schmerz, noch Leere. Die Dunkelheit ist so tröstlich und umhüllt mich wie eine warme decke. Dankbar lasse ich mich hinein gleiten.

Lucas:
Ich setze Ally behutsam ab und gehe ins Bad. Ich mache ein paar Lappen feucht und komme zurück ins Zimmer, wo ich mich vor Ally knie und anfange ihr Gesicht vorsichtig abzutupfen. "Halt doch still", sage ich mit einem kleinen Lächeln. Erst als ihr Gesicht, Arme und Beine vollständig gereinigt sind, schaue ich ihr in die Augen. "Na fein, was soll ich dir versprechen?", frage ich schmunzelnd.

Lucas:
Ich betrachte sie eingehend und setze gerade zu einer Antwort an, da versiegelt sie auch schon meine Lippen mit ihrem Mund und ich verliere mich kurz in dem Kuss. Etwas nasses berührt meine Wange und ich blinzel überrascht. Ich löse mich behutsam aus dem Kuss und wische mit einem Finger vorsichtig die Träne von ihrem Kinn. "Hör mal, ich habe mich nicht vor in nächste Zeit abschießen zu lassen und auch nicht wegzugehen", beginne ich und es tut mir bereits jetzt im herzen weh, ihr das zu sagen, was ich sagen muss. Ein Blick in ihre verständnisvollen, traurigen Augen lässt mich an meinem Entschluss zweifeln. "Ich mag dich wirklich sher. Viel zu sehr, als mir lieb ist", gestehe ich ihr mit einem schüchternen Lächeln. "das Problem an der ganzen Sache ist nur, dass es mir etwas zu schnell geht alles. Ich möchte, dass du mich erst einmal richtig kennen lernst, ich bin kein einfacher mensch, ich habe meine Macken und davon auch nicht gerade wenig", ich shcaue sie ernst an um zu prüfen, ob sie meine Worte auch nicht falsch interpretiert. "Ich möchte mit dir zusammen sein aber vorher musst du erst alles über mich wissen, damit es auch real ist und nicht lediglich eine Wunschvorstellung..:", meine Hand streicht zitternd durch ihr Haar und ich lege den Kopf schief. "Also keine Küsse, bevor du nicht meine grauenhaften Maccaroni mit Käse probiert hast", sage ich neckend.

Rachel:
Wie in Watte gehüllt schlafe ich stunden lang durch, ohne dass ich mir dessen bewusst bin. Als ich dann endlich blinzelnd die Augen öffne, ist es draußen bereits hell und ich springe hastig auf die Beine. Meine Gedanken kreisen nur langsam um eine Frage, doch ich weiß dass sie wichtig ist. Mit panischem Blick suche ich die Umgebung ab und realisiere, dass ich mich auf der Krankenstation befinden muss, ich reiße den weißen Vorhang zur Seite und dann vernehme ich das wohl schönste Geräusch auf der Welt. Eine maschine macht leise, stetige Geräusche hinter einem Vorhang, direkt neben mir. Ich nehme all meinen Mut zusammen und schiebe ihn beiseite. Mir bleibt das Herz stocken und nur langsam setzen die Herzschläge wieder ein. Im anderen Bett liegt Oli und seine Augen sind geöffnet. ich schlucke meine Tränen runter und knie mich neben sein Bett. Vollkommen eingenommen von seinem Anblick dauert es lange bis ich etwas sagen kann. "Da bist du ja wieder", flüstere ich unter Tränen der Erleichterung und streiche ganz vorsichtig über seinen Handrücken, immer darauf bedacht ihm nicht weh zu tun.